Die Forscher am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts und dem Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin in Erlangen wollen den "ultimativen Zellsortierer" schaffen. Gelingen soll das durch eine Kombination aus Bildgebung von verformten Zellen und künstlicher Intelligenz, die ohne eine externe Markierung der Zellen auskommt. Denn bei der bislang am meisten verwendeten Methode, der so genannten Durchflusszytometrie, werden Zellen mit fluoreszierenden Antikörpern markiert und beim Durchfluss durch einen Kanal identifiziert, was nicht nur relativ teuer und zeitintensiv ist, sondern auch problematisch. Da die Antikörper körperfremd sind, können sie die Eigenschaften der Zellen, an die sie andocken, verändern und etwa bei einer Injektion in den Körper Schwierigkeiten bereiten.

Die Max-Planck-Forscher nutzen deshalb als Unterscheidungsmerkmal die physikalischen Eigenschaften der Zellen, konkret deren Verformbarkeit. Dafür entwickelte das Team um Jochen Guck, Direktor am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts, eine neue Technik: Die Echtzeit-Verformungszytometrie (real-time deformability cytometry, kurz: RT-DC), bei der eine Zelllösung durch einen transparenten Kanal gedrückt wird, der einen geringeren Durchmesser als ein Menschenhaar hat. Eine Highspeed-Kamera nimmt die im Kanal verformten Zellen mit 2.000 bis 4.000 Bildern pro Sekunde auf. Ausgewertet werden die Aufnahmen mit einer speziellen Software, die bestimmte, vorher definierte Zelleigenschaften in Echtzeit ermittelt. So wird es möglich, die Zellen nach der Identifizierung gezielt in einen Sammelkanal abzulenken, um sie erstmals auch aufgrund ihrer Verformbarkeit zu sortieren. Doch damit nicht genug: Die Forscher kombinieren RT-DC mit künstlicher Intelligenz, denn Hunderttausende Bilder von einzelnen Zellen sind eine ideale Basis, um ein neuronales Netzwerk darauf zu trainieren, verschiedene Zelltypen zu erkennen. In bisher nicht erreichter Geschwindigkeit soll der KI-Algorithmus künftig Zellen identifizieren und ebenfalls in Echtzeit nach Wunsch sortieren. "Wenn Katzenbesitzer im Internet Millionen von Katzenfotos posten und dazu etwas schreiben wie 'meine Katze', wird der Suchalgorithmus anhand des Bildes und des Kommentars darauf trainiert, die Eigenschaften zu erkennen, die eine Katze ausmachen", erklärt Guck. "Wenn dann jemand nach 'Katze' googelt, kann der Algorithmus durch das Training eines neuronalen Netzwerks die Bilder mit Katzeneigenschaften identifizieren und aus allen anderen Haustierfotos herausfiltern." Guck bezeichnet die neu entwickelte Methode, die jüngst in der renommierten Fachzeitschrift Nature Methods vorgestellt wurde, als "ultimativen Zellsortierer", da sie die Genauigkeit der etablierten Erkennung über Fluoreszenz mit der Sensitivität der inhärenten mechanischen Zelleigenschaften vereine und das Potenzial habe, als zukünftige Standardmethode Einzug in alle biologischen und biomedizinischen Labore zu halten.

Max Planck Institute for the Science of Light (D-91058 Erlangen)
Website: www.mpl.mpg.de